Was ist überhaupt ein Naturgarten?

Was ist überhaupt ein „richtiger“ Naturgarten? – Darauf gibt es wohl keine allgemein richtige Antwort. Genau wie nicht klar definiert ist, was „Natur“ eigentlich ist. Jeder scheint darunter etwas anderes zu verstehen. Die Engländer bezeichnen Gärten mit vielen Pflanzen, auf die Honigbienen fliegen, schon als Naturgarten. In Süddeutschland, in Österreich und der Schweiz versteht man vor allem Gärten mit viel Kies und Stein als Naturgarten. Mein Garten hat aber kaum Kies und Stein, denn die gibt es im Moor ja nicht.

Klar scheint mir nur zu sein, dass wir hier zwei sehr gegensätzliche Begriffe zu einem zusammengefügt haben: Natur und Garten. Eigentlich widerspricht sich das: Ein Garten ist ja per se keine „Natur“, wenn man unter Natur „ursprüngliche Landschaft ohne menschlichen Einfluß“ versteht.

Wenn aber nun draußen vor der Haustür immer weniger „ursprüngliche Landschaft“ zu sehen ist, dann kann man eben im Garten versuchen, „Landschaft“ nachzuahmen. Mit dem Biogarten haben wir natürlich außerdem die Forderung nach einem pestizidfreien Garten gemeinsam. Auch die stets chemisch aufgedüngte „Blumenerde“ etc. gehört nicht in den Bio- und Naturgarten.

In Naturgärten ahmen wir also Landschaften nach. Dafür suche ich auf jedem neuen Grundstück nach dem pasenden „Thema“. Im Süden sind Steinhänge wunderschön, im Moor eben stille Birkenlandschaften. So ergibt sich die Wahl der richtigen Materialien und auch die Pflanzenauswahl von selbst. Auch die Aufteilung des Grundstücks, der sogenannte Masterplan ist dann einfacher auszuarbeiten, wenn man weiß, welche Stimmung man erreichen möchte.

Der zweite Punkt ist dann: Wir benutzen natürlich vorwiegend heimische Pflanzen. Aber auch hier gibt es keine allgemeingültige Regel, was als „heimisch“ anzusehen ist und die Mitglieder unseres Naturgartenvereins können tagelang darüber diskutieren :-). Manchmal werden die Pflanzen als heimisch angesehen, die vor Kolumbus in MItteleuropa heimisch waren, dann wieder Pflanzen, die genau in meiner Region heimisch sind (gebietsheimische Pflanzen). Mit zunehmendem Klimawandel bin ich bereit, auch Pflanzen aus Süd- und Osteuropa als gute, trockenheitsresistentere Alternativen im Garten anzusiedeln. Diesen Punkt muss wohl jeder Naturgartenbegeisterte für sich selbst entscheiden. Ich schaue mir also die „Landschaft“ an, die ich ergänzen oder gänzlich neu gestalten möchte, und wähle passende Pflanzen aus.

Wenn diese beiden Punkte erfüllt sind, kommen die passenden heimischen Tiere, die Insekten und mit ihnen die Vögel von allein, so sie noch in der Umgebung vorkommen. Wir haben ja Strukturen geschaffen, die ihren Bedürfnissen auf natürliche Weise nahe kommen. Wir haben Nistmöglichkeiten und Futter bereit gestellt. Mittlerweile glaube ich, dass wir auf diese Weise helfen und nicht ausgeräumte Gärten mit vielen Exoten bepflanzen und dann Nistkästen und Vogelfutter anbieten sollten. Ein paar Nistkästen habe ich allerdings doch im Garten. Es ist einfach zu schön, beim Abspülen den Nistkasten beobachten zu können.

Manchmal kommen Kunden und erzählen, dass sie kaum noch Vögel im Garten haben. Daran natürlich nicht nur der eigene Garten sondern auch die Umgebung schuld. Wenn ganz viele Gärten immer steriler werden und vor allem, wenn die Wäldchen und Wiesen immer mehr verschwinden, dann schwindet natürlich auch die Artenzahl im eigenen Garten. Aber wenn jeder zumindest einen Teil seines Gartens naturnah gestaltet – oder einfach nur mal etwas weniger „aufräumt“, einen Holzhaufen liegenlässt, ein paar Brennesseln stehen lässt, ein paar Birken (s. Foto) oder eine Weide hochkommen lässt – dann finden auf jeden Fall mehr heimische Insekten und Vögel einen Platz in diesen Gärten.

Und die Gartenbesitzer erleben lebendigere Gärten.

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